Monatslieder aus dem Neuen Gotteslob

Monatslied Dezember 2025

"Das Volk, das noch im Finstern wandelt..." (GL 765)

Unser Advents-Monats-Lied zieht zahlreiche Linien zur Botschaft von Weihnachten und zur Heiligen Schrift. Zu Beginn klingt der Prophet Jesaja in der Christmette an: „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf.“ (Jes 9,1) Die einzelnen Sätze lassen viele, leider auch ganz aktuell erlebbare Erfahrungen anklingen. Immer wieder wird beschrieben, wer uns im Jesus-Kind geschenkt ist und wie sich in ihm unser Da-Sein verändert.

Die Melodie entstand 2009 durch Stephan Rommelspacher (* 1959). Sein Weg begann bei den Regensburger Domspatzen. Unter anderem in Freiburg studierte er Kirchenmusik, Schulmusik und Musikwissenschaft. Vor seiner Pensionierung in diesem Jahr wirkte er zuletzt in Trier und Leipzig. Ihm ist eine eingängig tiefgründige Melodie gelungen. Ja, „steh und lausche, weil Gott handelt.“

Michael Janson

Monatslied November 2025

"Jerusalem, du hochgebaute Stadt..." (GL 553)

„Auf der Erde lebend - im Himmel verankert!“ so könnte man das christliche Leben beschreiben. Das war nicht immer gut ausgewogen. Oft spielte auf Erden nur das eine Rolle, was einen dem Himmel näherbrachte. Aber wenn das Leben auf Erden allzu bedroht war, dann war es überlebenswichtig, eine himmlische Perspektive zu haben und Erlösung zu begreifen.

Als Johann Matthäus Meyfart seinen Text schrieb, tobte der 30-jährige Krieg bereits acht Jahre. Nicht überall litten die Menschen darunter. Viele aber hörten von seinen Schrecken. Deshalb zielte die Sehnsucht vieler auf das Jenseits. Im Text klingt Biblisches an, auch wenn nicht direkt zitiert wird. Und der Dichter setzt eigene Schwerpunkte: er beschreibt nicht die Vereinigung der einzelnen Seele mit Christus, dem Bräutigam, sondern vielmehr die Vereinigung der Auserwählten. Es geht nicht um den Himmel als Ort, nicht um den Einzelnen und Christus, sondern eher um die himmlische Gemeinschaft.

Ich bin gespannt, ob Text und Melodie ansprechen. Ich freue mich auf ein Echo.

Michael Janson

Monatslied Oktober 2025

(GL 547)

Das Lied bezieht sich auf das Martyrium der Heiligen Agnes. Sie ist es, von der in der ersten Strophe gesprochen wird ohne dass ihr Name vorkommt. Dazu passend steht das Gleichnis von den klugen Jungfrauen (Mt 25,1-13) im Hintergrund, die auf den Bräutigam warten und ihm mit brennenden Lampen entgegengehen.

Agnes lebte um 300, ihr Gedenktag ist der 21. Januar. Sie sollte den Sohn eines heidnischen Präfekten heiraten. Dem widersetzte sie sich mit dem Hinweis, sie sei bereits mit Christus verlobt. Unter der Christenverfolgung des Kaisers Diokletian erlitt sie einen gewaltsamen Tod.

Unser Lied greift einen Text aus dem 14. Jahrhundert auf, der im klösterlichen Stundengebet verortet war. Etwas verändert ist er nun einer aus dem englischen Sprachraum stammenden, sehr eingängigen Melodie zugeordnet.

Das Lied ist zwar der Überschrift „Heilige“ zugeordnet. Das aber passt nicht ganz zum Inhalt, geht es doch eher um uns und dass wir wachsam sind und auf die Wiederkunft Christi zugehen. Dies haben die Heiligen vorgelebt. Das Lied geleitet uns also gut in den November zum Ende des Kirchenjahrs.

Monatslied September 2025

"Gott ist gegenwärtig"  (GL 387)

Gerhard Tersteegen ist der Autor des Textes „Gott ist gegenwärtig“. Er gilt als der bedeutendste Mystiker der evangelischen Kirche. Nach seiner Schulzeit absolvierte er eine Kaufmannsausbildung, gab diese dann aber bald auf, um zunächst als Weber sein Brot zu verdienen, ehe er - mehr schlecht als recht - von der Schriftstellerei leben konnte. Die persönlich gelebte und gepflegte Verbundenheit mit Gott war der Raum, in dem er lebte und schrieb. Texte der katholischen Mystik waren ihm vertraut und zugänglich. Er hatte keine Berührungsängste und konnte sie in den evangelischen Raum „hineinspielen“.

Uns erscheint die fast übertrieben demütige Haltung, die er vor Gott einnimmt, heute kaum noch ansprechend. „Schlagt die Augen nieder!“ „Ergebt euch wieder!“ Verfolgt man aber den Text ab der fünften Strophe, ist die Nähe zu unseren großen Mystikern sinnenfällig: „Ich in dir, du in mir, lass mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.“

Da kommt das Bild des Schwebens, des in der Luft getragen-Seins. Und dann auch das vom Adler, der in der Luft schwebt. Im König der Lüfte dürfen wir uns sehen. Im Atem Gottes, im Geist Gottes sind wir getragen. So wird der vor Gott kleine Mensch über sich hinaus erhoben. „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.“

Und wieder einmal verbindet unser Gotteslob einen Text mit einer sehr passenden Melodie. Beim Singen ist spürbar, wie Gott auf mich zukommt, wie er mir begegnet, mir Halt gibt, mich aufrichtet und trägt. Und wer zur ersten Hälfte der Verse keinen Zugang findet, darf sicher gerne mit der fünften Strophe beginnen. Und losgelöst vom Gesang darin auch Anregendes für das eigene Gebet, für die persönliche Meditation finden.

Michael Janson

Monatslied August 2025

"Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre" (GL 396)

Text und Melodie von „Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre!“ stammen von Georg Geßner und von Hans Georg Nägeli, sie entstanden Anfang des 19 Jahrhunderts in Zürich. Die beiden waren mit dem Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi verbunden und arbeiteten ihm zu.

Ursprünglich hat das Lied 16 Strophen. Diese verbinden den Lobpreis des Schöpfers mit dem des Erlösers. Unsere vier Strophen verweilen einzig beim Lob des Schöpfers. Wieder einmal haben wir es mit einer Melodie zu tun, die den Inhalt aufgreift und ausdrückt.

Michael Janson

Monatslied Juni 2025

"Erhabene Dreifaltigkeit..." (GL 353)

Der Text unseres Monatslieds ist ähnlich alt wie der vom Mai-Monatslied. Beide Hymnen wurden in Münsterschwarzach ins heutige Deutsch übertragen.

Erhabene Dreifaltigkeit, Einheit und Dreiheit zugleich, geheimnisvoll, staunenswert und alle Einsicht übersteigend - Gedanken, die zur Betrachtung, zum Meditieren einladen. Gesungen verbinden sich irdisches und himmlisches Lob, Engel und Menschen. Der Hymnus ist nicht nur am Dreifaltigkeitsfest zu singen. Immer wieder sollte die Unbegreiflichkeit Gottes und seine konkret begreifbare Nähe uns aufgehen.

Michael Janson

Monatslied Mai 2025

"Jerusalem du neue Stadt..." (GL 338)

Der Text unseres Liedes hat Wurzeln bis ins 11. Jahrhundert. Die Übersetzung dieses alten lateinischen Hymnus‘ entstand bei den Benediktinern in Münsterschwarzach.

Der Seher Johannes „sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat“ (Offenbarung 21,2). Dieser Blick wird verbunden mit der Auferweckung Jesu, mit Ostern. Eine schöne Melodie stellt diese Botschaft in den Raum.

Michael Janson

 

Monatslied April 2025

"Der König singt, sein Banner glänzt..." (GL 299)

Die Wurzeln des Textes führen in die Spätantike. Vor genau 1.700 Jahren wurde das Christentum durch Kaiser Konstantin von einer verfolgten Minderheit zur privilegierten Religionsgemeinschaft. Jetzt konnte das Heilige Land christliches Pilgerziel werden. Die Legende erzählt, die Mutter Konstantins, Helena, habe auf Golgota graben lassen und die Reliquie aller Reliquien gefunden, das Kreuz Jesu.

Anlässlich der Ankunft einer Kreuzreliquie in einem Kloster im französischen Poitiers formulierte der norditalienische Dichter Venantius Fortunatus einen Hymnus, der unserem Lied zugrunde liegt. Der ursprüngliche Text ist jedoch gekürzt.

Die ersten drei Strophen besingen das Kreuz als Siegeszeichen. Der Schöpfer wird ans Marterholz des Kreuzes gehängt. Das Kreuz wird gleichsam zum Thron: „Vom Holz herab herrscht unser Gott“.

Die weiteren Strophen besingen das Kreuz als Lebensbaum des Paradieses. Am Baum der Erkenntnis ging das Paradies einst verloren. Am Kreuz, dem Baum des Lebens, wird es uns neu eröffnet.

Michael Janson

 

Monatslied März 2025

"Zeige uns, Herr, deine Allmacht und Güte..." (GL 272)

Das Lied „Zeige uns, Herr, deine Allmacht und Güte“ entstand auf den Düsseldorfer Katholikentag 1982 hin, es greift dessen Motto auf: „Kehrt um und glaubt – erneuert die Welt“. Im Liedtext geht der Theologe Raymund Weber vom ersten gesprochenen Wort Jesu aus, das uns im Markus-Evangelium überliefert ist: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15).

Der Text beschreibt unser Dasein: Er fordert uns auf, aktiv zu glauben, zu handeln. Er bietet dem so geforderten Menschen aber auch die Zuwendung und Führung Gottes an. Wir sind zur Freiheit berufen. Diese kann sogar so weit gehen, dass wir uns gegen Gott entscheiden, selbst das lässt er zu. Und gleichzeitig macht er uns auf die Geborgenheit aufmerksam, die Gott uns schenkt. In ihm kommen Allmacht und Güte zusammen. In Gott geborgen und dennoch frei – so beschreibt es die erste Strophe.

Die Melodie ist dem Freylinghausenschen Gesangbuch von 1708 entnommen. Schön, wie das Versmaß des Textes und der Rhythmus der Melodie zusammenfinden.

Michael Janson

Monatslied Februar 2025

"O lieber Jesu, denk ich dein..." (GL 368)

Der Text unseres Monatslieds führt uns ins Mittelalter. Er lässt die Frömmigkeit dieser Zeit anklingen. Das Lied geht auf einen umfangreichen Hymnus zurück, der 42 (!) Strophen hatte und später sogar noch erweitert wurde. Im 20. Jahrhundert erfolgt dann eine Reduktion.

Lange hielt man den Hl. Bernhard für den Verfasser dieser Zeilen. Der wahre Verfasser jedoch bleibt im Dunkeln, er stand dem Hl. Bernhard aber auf jeden Fall nahe, er gehörte vermutlich dem Zisterzienserorden an.

Der Text zielt auf die Betrachtung des betend Singenden, auf die „Meditatio“, die „Contemplatio“. Es geht um die Begegnung mit Jesus. Dabei soll nicht nur das Denken des Menschen angesprochen werden, sondern vielmehr auch sein Gemüt. Die Melodie hilft uns dabei, uns dem Inhalt in der gebotenen Nüchternheit zu stellen.

Michael Janson