Praktische Handlungsempfehlungen

 

1) Was ist zu tun … bei der Vermutung, ein Kind, ein*e Jugendliche*r oder ein*e hilfsbedürftige*r Erwachsene*r ist Opfer von sexualisierter Gewalt geworden?

Wahrnehmen und notieren!

  • Eigene Wahrnehmung ernst nehmen! Keine überstürzten Aktionen!
  • Keine direkte Konfrontation mit dem*der vermutlichen Täter*in!
  • Verhalten des betroffenen Menschen beobachten! Keine eigenen Ermittlungen anstellen!
  • Als persönliche Erinnerungshilfe zeitnah Notizen mit Datum und Uhrzeit anfertigen! Ruhe bewahren!
  • Keine eigenen Befragungen durchführen!

Besonnen handeln!

Besprechen Sie sich mit einer Person des eigenen Vertrauens, ob die Wahrnehmungen geteilt werden und bringen Sie ungute Gefühle zur Sprache.

Erkennen und akzeptieren Sie Ihre eigene Grenzen und Möglichkeiten und holen Sie sich selbst Hilfe! Kontakt aufnehmen zu …

Verdichtet sich der Verdacht, dass eine anvertraute Person (sexueller) Gewalt ausgesetzt ist, sollte die Leitung bzw. der Träger informiert werden. Die Einrichtung hat die Möglichkeit zur Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Die Erreichbarkeit dieser Beratung sollte der Einrichtung schon im Vorfeld bekannt sein. Richtet sich der Verdacht gegen eine*n haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeiter*in, ist die unabhängige Ansprechperson des Bistums zu unterrichten. Diese leitet die notwendigen Schritte ein. Alle Entscheidungen über das weitere Vorgehen werden nach intensiver Beratung ausschließlich vom Ordinarius [d. i. vom Bischof] getroffen.

Unabhängige Missbrauchbeauftragte:

Alle weiteren Verfahrensschritte werden in Absprache mit allen beteiligten Abteilungen und den zuständigen Aufsichtsbehörden abgestimmt. Darüberhinaus werden entsprechende externe und interne Beratungsstellen benannt und eingeschaltet.


2) Was ist zu tun … wenn ein*e Minderjährige*r oder hilfebedürftige*r Erwachsene*r von (sexualisierter) Gewalt, Misshandlungen oder Vernachlässigung berichtet?

Wahrnehmen und dokumentieren!

  • Bewahren Sie Ruhe!
  • Hören Sie der*dem Betroffenen genau zu und nehmen Sie die Aussagen ernst.
  • Bleiben Sie in Beziehung zum Gegenüber und stellen Sie offene „W-Fragen“ (was, wo, wer, wann?).
  • Akzeptieren Sie, wenn die*der Betroffene nicht mehr weitererzählen möchte, und lassen Sie das Erzählte einfach stehen.
  • Sie stehen nicht in der Verantwortung, den Sachverhalt zu ermitteln.
  • Signalisieren Sie dem*der Betroffenen, dass Sie sich kümmern werden, und informieren Sie über die nächsten Schritte.
  • Zeigen Sie dem*der Betroffenen möglicherweise, dass auch Sie sich erst einmal Hilfe holen werden.
  • Geben Sie dem*der Betroffenen die Botschaft,
    • dass es gut ist, sich jemandem anzuvertrauen,
    • dass dies sehr viel Mut erfordert hat und
    • dass Erwachsene die Verantwortung tragen für das, was geschehen ist und noch passieren wird.

Machen Sie sich als Erinnerungshilfe persönliche Notizen über das Gespräch, indem Sie stichpunktartig das Gehörte dokumentieren. Dabei können Sie sich an den W-Fragen orientieren: was, wo, wer, wann?

Erkennen und akzeptieren Sie Ihre eigenen Grenzen und Möglichkeiten und holen Sie sich selbst Hilfe! Kontakt aufnehmen zu …

Alle weiteren Verfahrensschritte siehe oben.


3) Was ist zu tun … bei verbalen oder körperlich-sexuellen Grenzverletzungen zwischen Teilnehmer*innen?

  • Aktiv werden und gleichzeitig Ruhe bewahren!
  • „Dazwischen gehen“ und Grenzverletzung unterbinden! Grenzverletzung und Übergriff deutlich benennen und stoppen!
  • Situation klären.
  • Offensiv Stellung beziehen gegen diskriminierendes, gewalttätiges und sexistisches Verhalten!
  • Vorfall im Verantwortlichenteam ansprechen.
  • Abwägen, ob Aufarbeitung in der ganzen Gruppe oder einer Teilgruppe sinnvoll ist. Konsequenzen für die Urheber*innen beraten.
  • Informieren der Eltern/Angehörigen/gesetzlichen Vertreter*innen … bei erheblichen Grenzverletzungen.
  • Eventuell zur Vorbereitung auf das Angehörigengespräch Kontakt zu einer Fachberatungsstelle aufnehmen.
  • Weiterarbeit mit der Gruppe/mit den Teilnehmer*innen.
  • Grundsätzliche Umgangsregeln überprüfen und (weiter)entwickeln.
  • Präventionsarbeit verstärken.

Zusammenfassung:

  • Ruhe bewahren und besonnen handeln!
  • Keine eigenen Ermittlungen anstellen!
  • Persönliche Notizen anfertigen!
  • Meldewege einhalten!
  • Keine möglichen Zeugen beeinflussen!
  • Nicht eigenmächtig die Öffentlichkeit informieren!

Wir empfehlen allen vom Thema Missbrauch betroffenen Personen, sich zu fragen, ob das Hinzuziehen einer Person des Vertrauens eine Hilfe sein kann.