Das Wort Gottes

Welchen Stellenwert hat das Wort Gottes für unseren Glauben? Wie reagieren Sie, wenn im Kirchenblatt an einem Sonntag für Ihre Gemeinde „Wort-Gottes-Feier“ steht? - „Ach, da ist ja nur ein Wortgottesdienst!“ Und zwischen den Zeilen: „Das ist ja keine richtige Hl. Messe!“

Am 1. Weihnachtstag hören wir jedes Jahr den großen Prolog des Johannesevangeliums. Die neue Einheitsübersetzung formuliert: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. … Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt...“ Mit „Wort“ ist dabei nicht ein daher gesagtes Wort gemeint. Es geht vielmehr um eine Person, um ein Wort mit personaler Füllung. In einer anderen Übersetzung, die ich gerne benutze, heißt es deshalb ganz konsequent: „Im Uranfang war Er, das Wort….“

In jeder Wort-Gottes-Feier, in jedem Wortgottesdienst, in jeder persönlichen Schriftlesung geht es um IHN, das Wort Gottes. So will Gott mich ansprechen und ins Nachsinnen bringen. Beim wiederholten Lesen und Hören soll mir immer wieder Neues aufgehen.

Aber ich nehme wahr: das Wort erreicht die Herzen nicht. Dort scheint nur Platz für den Empfang des Heiligen Brotes zu sein.

Zugegeben – daran ist die katholische Kirche selbst schuld, hat sie doch über Jahrhunderte hinweg den Kommunionempfang hervorgehoben. Wenn jemand den Wortgottesdienst verpasst, ist das nicht so schlimm. Hauptsache er oder sie ist zur Gabenbereitung, mindestens aber zu den Einsetzungsworten und zum Kommunionempfang da! Ist das richtig? Soll es so bleiben?

Was wäre die Eucharistie ohne das Wort Gottes, ohne die Offenbarung des Vaters in der Person des Sohnes? Das Brotbrechen ist sogar notwendig verbunden mit den Einsetzungsworten Jesu. Ist es nicht ein und derselbe Gott, der sich auf vielfache Weise offenbart. In allen Weisen ist derselbe zu finden. Wieso in der einen Weise tiefer als in einer anderen?

Während eines Urlaubs in Südfrankreich habe ich vor vielen Jahren eine interessante katholische Kirche besucht. Im Altarraum standen zwei Tische: der eine links von der Mitte, der andere rechts davon: der Tisch des Wortes und der des Brotes. Beide Tische standen gleichwertig da. Ich frage: was fehlt an Gott, wenn er sich „nur“ auf dem Altar des Wortes offenbart?

Michael Janson