Die Emmauserzählung - Ostern leuchtet in den Jahreskreis
Die ältesten sprachlichen Zeugnisse von der Auferstehung Jesu sind denkbar kurz und schlicht. Ein solches findet sich im 1. Korintherbrief, Kapitel 15. Paulus greift eine Glaubensformel auf, die sich schon gebildet hatte, also noch näher ans Leben Jesu heranreicht, sein Brief entstand ca. 55 n.Chr. In 1 Kor 15, 3-5 heißt es:
„Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe:
Christus ist für unsere Sünden gestorben, / gemäß der Schrift, / und ist begraben worden.
Er ist am dritten Tag auferweckt worden, / gemäß der Schrift / und erschien dem Kephas, dann den Zwölf.“
In solchen Worten drückt sich ursprünglich der Glaube an die Auferstehung Jesu aus: er ist auferweckt worden und dem und demerschienen. Mehr wird nicht gesagt. Gott ist der Handelnde, er erweckt seinen Sohn. Und dieser erscheint konkreten Personen, er lässt sich erkennen. Das Markusevangelium ist noch ganz an dieser knappen Formulierung orientiert: ein junger Mann in leuchtend weißem Gewand verkündet im offenen und leeren Grab: „Er ist auferweckt worden er ist nicht hier“ (Ml 16,6).
Die späteren Evangelien aber beginnen dann damit, die Wirklichkeit der Auferstehung hervorzuheben, indem sie anschaulich konkrete Begegnungen mit dem Auferstandenen wiedergeben. Über 50 Jahre kamen die Christen ohne sie aus. Sie haben jedoch eine andere Zielrichtung: Sie führen denen, die Jesus selbst nicht mehr kannten, vor Augen, wie auch sie dem Auferstandenen begegnen können und verknüpfen sie mit dem Gemeindeleben.
Ein ganz markantes, aber auch sehr schönes Beispiel dafür ist die Geschichte von den beiden Emmausjüngern. Sie verlassen Jerusalem gehen wieder nach Hause. All die Hoffnungen, die Jesus in ihnen geweckt hatte, mussten sie mit ihm begraben. Unterwegs begegnen sie einem und kommen mit ihm ins Gespräch. Dass es der Auferstandene ist, das erkennen sie nicht, ihre Augen sind gehalten. Und der öffnet ihnen die Augen dafür, dass der am Kreuz verstorbene Jesus dennoch der Messias ist. Ihr Messias-Bild war ein anderes: für sie musste es einer sein, der einen strahlenden Sieg davon trägt und dann über alle und alles herrscht. Der Fremde bringt Schriftworte ins Gespräch, aus denen das Bild eines leidenden und sterbenden Messias hervorgeht. So ins Gespräch vertieft kommen sie in Emmaus an. Sie bitten den Fremden, bei ihnen zu bleiben, da es schon spät ist. Und da – der Fremde bricht ihnen das Brot – gehen ihnen die Augen auf, sie erkennen ihn. Und dann sehen sie ihn nicht mehr. Schnell kehren sie nach Jerusalem zurück, um von ihrer Begegnung zu berichten.
Lukas, der als einziger der 4 Evangelisten diese Erzählung überliefert, deutet damit das Zusammenkommen seiner Gemeinden. Wortgottesdienst und Mahlfeier sind zu erkennen, die zwei Hauptteile der Messe, die wir heute noch in der Messe haben. So sind die Gemeinden zu allen Zeiten mit dem Auferstandenen unterwegs. Er begleitet ihren Weg und öffnet ihnen die Augen für Gott und die Welt. Er ist der, der zum Mahl einlädt, er bricht uns das Brot, er schenkt sich uns in diesem Brot.
Manche fragen: Ist das denn nicht wirklich so geschehen? Kann es sein, dass der Evangelist Lukas diese Erzählung erfunden her? Lukas ist ein tief gläubender Zeuge Jesu. Und er ist ein kreativer Erzähler. Niemand hat das Geschehen der Auferstehung Jesu erlebt. Aber er ist auferweckt worden und erschienen, das steht fest! Und diese Wahrheit des Glaubens verknüpft er mit der Eucharistiefeier, welche die Gemeinden wöchentlich feiern. Aus seinem Glauben ist dieser Zusammenhang entsprungen. So konnten die Gemeinden erkennen: Jede sonntägliche Feier verbindet mit der Wirklichkeit der Auferstehung und dem Auferstandenen selbst. Jede Schriftlesung legt sich in österlichem Licht aus – von Christus her. Und im eucharistischen Brot empfängt der Gläubige das Leben des Auferstandenen, mit dem er schon seit seiner Taufe verbunden ist.
In dieser langen Erfahrungskette stehen und glauben wir heute. Jede Eucharistiefeier ist gleichsam wie ein Weg nach Emmaus. Da sind gerade auch jene herzlich willkommen, die noch Fragen und Zweifel haben, die sich auf ihren Glauben noch keinen Reim machen können, aber eine Sehnsucht danach verspüren und auf dem Weg sind. Und wer den HERRN einlädt, bei ihm einzukehren, der darf darauf hoffen, dass auch ihm oder ihr die Augen aufgehen und sie erkennen. Und im Rückblick stellt sich immer wieder die Frage: Brannte mir nicht schon längst das Herz….?
Michael Janson