Heilige Bücher – Mit diesem Adjektiv „heilig“ sollten wir eher vorsichtig und behutsam umgehen. Im Grunde sollten wir es nur auf den einen Gott, den allein Heiligen, beziehen. In diese Richtung mahnt uns immer wieder die Heilige Schrift selbst.
Aber wir sind es gewohnt, von heiligen Orten, von heiligen Menschen und heiligen Dingen zu reden. Wir sollten es nicht leichtfertig tun.
Wenn wir von Heiligen Büchern sprechen, dann sind damit wohl in erster Linie unsere Bibeln gemeint, eine Sammlung von verschiedenen Büchern in einem Buch. Wir sollten immer wieder bewusst wahrnehmen, dass wir in diesem Buch Worte „haben“ dürfen, die Menschen aus der lebendigen Erfahrung Gottes heraus festgehalten und aufgeschrieben haben: Gotteswort in Menschenwort. Und wir dürfen es in gedruckter Form in der Hand halten und öffnen und lesen und hören…
Von der Bibel hergeleitet können wir auch im Blick auf die sogenannten Lektionare von heiligen Büchern sprechen. In ihnen sind die Lesungstexte der jeweiligen Gottesdienste abgedruckt, welche die Leseordnung dafür vorsieht. Gerade erscheinen die Lektionare neu, sie enthalten die neue Einheitsübersetzung.
Unter den Lektionaren ragt das sogenannte Evangeliar noch einmal besonders heraus. In ihm sind nur die Evangelien der Sonntagsmessen abgedruckt. Deshalb ist es häufig auch besonders wertig gestaltet.
Frühere Zeiten malten deren Wert noch markanter aus. Unser neues Gotteslob zeigt ein schönes Beispiel dafür. Am Beginn des Diözesanteils ist die erste Seite des sogenannten „codex aureus“ wiedergegeben. Unter diesem Titel verbirgt sich das Evangeliar Heinrichs III, eines der salischen Kaiser, die den Speyerer Dom erbaut haben und in ihm begraben sind. Ein goldener Codex ist es, reich mit diesem wertvollsten der Metalle verziert. Das Original befindet sich im Escorial in Madrid. Das spanische Königshaus übergab vor einigen Jahren der Diözese Speyer das erste Exemplar einer Faksimile-Ausgabe – eine tiefe Verneigung vor dessen Ursprung, der Stadt und dem Dom.
Das Blatt im Gotteslob zeigt vor dem Dom die Gottesmutter, die dem Kaiserpaar das Evangeliar überreicht. Heilige Schrift, heiliges Buch, damit Mensch und Welt im Glauben geheiligt, auf Gott hin bezogen werden.
Wäre das nicht ein Impuls, ein Deckblatt meiner eigenen Bibel zu gestalten? Es könnte eine Collage werden, auf der Momente der Begegnung festgehalten sind, Stationen auf dem Weg mit dem Wort Gottes. Es könnte Fotos zeigen. Mein Evangeliar oder das meiner Familie… Das Blatt könnte sich auch verändern und so lebendig bleiben, Lebendiges wiedergeben...
Michael Janson