Friedensgruß – Nähe aus der Distanz

Den einen ist es vielleicht gerade recht, dass der ausdrücklich gegebene Friedensgruß derzeit nicht erlaubt ist. Sie hatten schon immer Bedenken. Aber was tun, wenn die anderen den Friedensgruß geben? Einfach stur nach vorne oder nach unten schauen? Wie sieht das denn aus? Jetzt hat Corona geholfen! Friedensgruß – das geht nicht mehr.

Die anderen waren selbst zu der Zeit, als man beim Gottesdienst in der Bank sitzend noch Masken tragen musste, froh, dass man das auch mit Maske tun kann und legten den Friedensgruß voll und ganz in ihren Blick. Das zu verhindern schafft selbst Corona nicht! Ohne Friedensgruß geht es selbst jetzt nicht.

Ich möchte etwas provozierend fragen: macht ein Gottesdienst Sinn, wenn er Menschen vor Gott nicht in Frieden miteinander verbindet? Darf ein Gottesdienst die Beziehung derer außer Acht lassen, die ihn feiern? Darf es in ihm nur um die Vertikale gehen? Muss nicht die Horizontale hin zu den anderen Menschen genauso deutlich im Blick sein?

In jedem Gottesdienst geht es sowohl um die Beziehung Gottes zu uns, als auch um die zu anderen Menschen. Zwar geht es überhaupt um den Frieden auch mit jenen, die nicht hier sind; aber ganz konkret geht es um jene, die jetzt zusammen Gottesdienst feiern. Wenn ich im Urlaub in eine Messe gehe, ist das überhaupt kein Problem – da kenne ich niemand, da gibt es keine Spannungen, keine Konflikte, keine langen Geschichten. Aber zuhause ist das anders. Da stimmt nicht immer alles.

Dabei ist der Friedensgruß auch kein Automatismus, der einfach alles löst. Was zwischen Menschen steht, das dürfte nach der Messe noch immer da sein. Aber jeder Gottesdienst, in dem ich neu den Frieden von Gott her empfangen darf, ist ein Impuls zur Versöhnung. Von ihm könnten versöhnende Schritte ausgehen, sie sollten zumindest beginnen, vielleicht auch „nur“ ein Umdenken. So gesehen spielt sich der Friedensgruß viel mehr in meinem Innern ab. Er ist ein zutiefst geistlicher Moment.

Vielleicht haben sich manche bisher vor allem an der Form gerieben, am Händedruck. Das Distanzgebot provoziert Neues. Da kommt sicher noch manches an die Oberfläche. Variieren wir also mit aller Kreativität die Form, aber suchen wir immer wieder den Frieden.

Michael Janson