Liturgie als Begegnung

Wenn manche unserer älteren Gemeindemitglieder den heutigen Gottesdienst damit vergleichen, wie früher Gottesdienst gefeiert wurde, dann kommt manchmal die Feststellung: früher ist man in die Kirche gekommen und es war ruhig. Heute wird vor der Messe viel erzählt. Und manchmal sehnen sie sich nach der früheren Zeit und der Ruhe, die sie in der Kirche vor und nach der Messe finden konnten.
Ich kann das gut verstehen. Und gleichzeitig ist mir wichtig zu betonen, dass der Gottesdienstbesuch eine lebendige Begegnung ist – mit Gott und Jesus Christus, seiner Kirche, seinem Leib und den Menschen, die dazu gehören.

Auch der menschliche Leib funktioniert nur, wenn die Kommunikation über die verschiedenen Kanäle läuft. Der Vorteil dabei: das geschieht gewöhnlich ganz stumm und leise. Unter uns Menschen gelingt das meist nicht so. Ende Juni ist es geschehen, dass zwei kleine Kinder sich in der Kirche entdeckt hatten. Sie haben sich nicht gesehen, sie kannten sich nicht. Aber sie haben sich gehört. Und sie haben dafür gesorgt, dass sie sich immer wieder gehört haben. Ich bin da. Und du auch. Und wir sind nicht allein. Das ist die kurze Botschaft, die ich für mich daraus entnommen habe.
Genau dasselbe ist mir für uns Erwachsene auch wichtig. Es ist schön, wenn wir Worte und Gesten dafür finden. Es ist auch schön, wenn es „nur“ mit einem sprechenden Blick geschieht, den andere nur sehen, nicht aber hören müssen. Dann könnte eine von Kommunikation und Gemeinschaft total erfüllte Kirche entstehen, in der es dennoch total still ist. Eigenartig. Aber schön.
Und eine wichtige Ahnung, vielleicht auch Erfahrung Gottes, den wir ja nur still hören.
Aber nein – da ist ja noch das gemeinsame Beten und Singen, und all die Antworten und Bekenntnisse, in denen wir uns verbinden. Vorgeformte Sprache, Muster, gelernt – aber auch verbindend und Gemeinschaft ausdrückend.
Und dennoch: ist nicht auch die gefüllte Stille ein tiefer Ausdruck von Begegnung.
Ich spüre sie in unseren Gottesdiensten immer wieder.
Und ich spüre auch, dass sie tiefer wird, je stiller es ist.
Und später freue ich mich über wirklich hörbare Begegnungen.
Und alles ist schön und gut. Dank sei Gott!

Michael Janson